DESIGN SUMMIT 2024

Das Herzstück der mcbw: Unter dem diesjährigen Jahresmotto "How to co-create with nature" fand der mcbw design summit am 13. Mai 2024 mit dem Creative Explorer Stefano Boeri und vielen weiteren Speaker:innen statt. 

Hier geht es nicht um Naturromantik, sondern um konkrete Fakten und Ergebnisse, denn die Zukunft unseres Planeten geht uns alle etwas an. Dabei kommt gerade dem Design eine Schlüsselrolle zu, denn 80% der Umweltauswirkungen eines Produkts werden tatsächlich schon in der Entwurfsphase festgelegt. Ein großes Thema, beinahe 20 Speaker:innen, viele Perspektiven und wichtige Erkenntnisse.

Take-Home-Messages für eine erfolgreiche Co-Creation ­–– In den Keynotes, im Talk unserer Kolleg:innen von den europäischen Design Centern und im Panel des mcbw-Beirates: Es sind immer wieder dieselben Gedanken, die in den Talks und Diskussionen aufkommen. Ansätze, die es braucht, damit die Co-Creation gelingt:

Der Mensch ist Teil der Natur: Wir sind nicht Gegner der Natur, sondern selbst ein Teil davon. Wenn wir unsere Rolle als „Mitspieler“ akzeptieren und Verantwortung übernehmen, dann profitieren alle. 

Design muss Nachhaltigkeit begehrlich machen: Nachhaltigkeit ist ein komplexes Thema und muss gut in alle Breiten der Gesellschaft kommuniziert werden. Dies gelingt am besten, wenn das Thema Nachhaltigkeit attraktiv und begehrenswert vermittelt wird.

Keine gedanklichen Grenzen setzen: Es braucht neue Verfahren, innovative Materialien, interdisziplinäres Denken. Die Natur hat viele der effizientesten Lösungen schon geschaffen, aber erst gemeinsam können wir sie verstehen lernen. 

Nachhaltigkeit darf nicht exklusiv sein: Nachhaltigkeit sollte nicht Frage des Geldbeutels sein, sondern muss für alle erschwinglich sein. Angebote dürfen sich nicht exklusiv an die Städte richten, sondern müssen ebenso das Land mitnehmen. 

Arbeiten wir an der Skalierbarkeit: Innovationen aus den Forschungslaboren stimmen hoffnungsvoll, doch um den Massenbedarf zu decken, müssen wir die Ausweitung auf industrielle Maßstäbe in den Fokus rücken. 

Die beste Nachhaltigkeit ist die Langlebigkeit: Patina und Gebrauchtmarkt müssen aufgewertet werden. Das geht durch Vorgaben aus der Politik oder über die Arbeit an der Ästhetik. 

Verhaltensmuster überdenken: Wir müssen die gängigen Muster der Konsumgesellschaft überdenken und unser Designverständnis daraufhin anpassen. In (Hoch-)Schulen genauso wie in Unternehmen. 

Was heißt das konkret? 

Wir stehen vor großen Aufgaben und diese Schritte kosten Zeit – keine Frage. Doch die Stimmung auf dem Design Summit ist optimistisch, die Diskussionen konstruktiv. Vielversprechende Ansätze und neueste Entwicklungen geben allen Anlass zur Hoffnung und zeigen, was alles schon möglich ist. 

Das Tannenzapfen-Prinzip oder Lernen von der Natur


Energiekosten im Bausektor senken und gleichzeitig Transportkosten drücken? Das versprechen Laura Kiesewetter und ihr Team von der Universität Stuttgart, indem sie ein Prinzip aus Natur für Möbel- und Gebäudeherstellung nutzen. Statt energieaufwendigen Verfahren setzen sie auf die Eigenschaften von Holz und formen ihre Objekte über die natürliche Luftfeuchtigkeit. In Wangen/Allgäu hat das Team bereits einen Aussichtsturm von 22 Metern in dem Verfahren errichtet und beweist damit die Leistungsfähigkeit dieser sogenannten Selbstformungsprozesse. 

Daniela Bohlinger (BMW Group) wagt sich vor auf unbekanntes Terrain: Mit Methoden des Speculative Designs spielt sie mögliche Zukunftsszenarien durch. Zukünfte in denen Mobilität und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen und einander nicht zu Lasten fallen. Wir gestalten dann unsere Zukunft am besten, wenn wir uns unsere ganz großen Ziele wach vor Augen halten. 

Maurizio Montalti berichtet von der Arbeit mit Mycelium, einer Pilzstruktur, mit der mittlerweile schon Textilien und Interior Design-Stücke gestaltet werden können – 100% organisch und nachhaltig und vor allem auch skalierbar auf industrielle Dimensionen.  

Wie verleiht man der Natur eine Stimme? Tom Kortbeek stellt eine App vor, mit der Prozesse in Pflanzen sichtbar gemacht werden können und bietet damit neue Möglichkeiten an, die Natur begreifbar zu machen. Dem Projekt liegt die Überzeugung zu Grunde, dass der Umgang mit der Natur dann besser wird, wenn wir noch mehr von ihr verstehen. 

Green Obsessions – der Natur verpflichtet 

Creative Explorer der diesjährigen mcbw ist Stefano Boeri. Der italienische Architekt hat vor wenigen Jahren mit einem Wohnhochhaus-Prototyp für Aufsehen gesorgt, denn die Fassaden des Bosco Verticale – einer Hochhausanlage mit zwei Türmen in Mailand – tragen einen ganzen Wald. 800 Pflanzen, 100 verschiedene Arten und eine reiche Population von Vögeln und Insekten. Boeri baut mittlerweile an 40 dieser vertikalen Wälder gleichzeitig – in der Schweiz, in China und Mexiko. Er beweist, was möglich ist, wenn man eine Obsession fürs Grüne und den Mut hat, um die Ecke zu denken: Die begrünten Häuser sind das Ergebnis interdisziplinärer Zusammenarbeit, schaffen gesunde Lebensräume für Mensch und Natur. Boeri und sein Team haben neue Nischen geschaffen, für alle. Damit ist wieder einmal mehr bewiesen: Fortschritt und Natur sind kein Widersprich, sondern gelingen dann am besten, wenn sie zusammengedacht werden. 

DANKE – mit auf der Bühne standen die Beiräte der mcbw: Markus Frenzl, Holger Hampf Boris Kochan, Angelika Nollert, Dewi Schönbeck sowie die Kolleg:innen aus den europäischen Design Centern: Päivi Tahkokallio, Christina Melander, Tiia Vihand und Vincent van Herk. Mit einer großartigen Moderation führte Leonhard Nima durch den Tag. Ihnen allen und unserem großartigen Publikum einen herzlichen Dank für die fantastische Veranstaltung! 
 

Literaturempfehlung: 

https://www.stefanoboeriarchitetti.net/en/publications/green-obsession/